Von Sonntag auf Montag war schlafen schwierig. Vielleicht wegen der neuen Umgebung. Oder der Hitze. Oder… der Jeshiva nebenan, deren Schüler die Nacht zum Tag machten. Erst am nächsten Morgen fiel mir auf, warum: Mein erster Tag in Jerusalem fiel auf das Fest Simchat Torah: Am letzten Tag des Laubhüttenfestes (oder am ersten Tag danach, je nach Zählung) feiern Juden seit dem Mittelalter das Fest der Torahfreude. Und das ziemlich ausgelassen, mit Gesang und Tanz, alles mit den Torahrollen, die zu diesem Zweck aus ihren Schreinen geholt werden. Sukkot, das Erntefest Israels, wurde in einem zweiten Schritt mit dem Auszug aus Ägypten und – mit dem Empfang des Gesetzes verbunden.
Freude darüber, dass Gott dem Volk Israel das Gesetz anvertraut hat. … Freude über das Gesetz?! Eine Idee, die in der christlichen Tradition, auch bei mir, nicht immer auf uneingeschränkte Gegenliebe stößt. Auch wenn mir vieles an dieser Gesetzes-Freude fremd erscheint, beeindruckt sie mich immer wieder.
[Simchat Torah an der Klagemauer, Jerusalem]
Am Ende des Erntefestes, das besonders mit Regen assoziiert wurde (wer schonmal im Sommer in Israel war, weiß, warum…) ruft der johanneische Jesus in Jerusalem, mitten im Sukkot-Wallfahrtsbetrieb aus: „Wen dürstet, der komme zu mir.“ (Joh 7,37). Das löst lautes Nachdenken über seine Identität aus (vgl. die folgenden Verse). Kein Wunder, denn eigentlich heißt das: „Ich bin der Zugang zu dem lebendigen Gott, dessen Zuwendung ihr feiert.“ – „Ich bin… das Gesetz.“ Gesetz als Beziehungsbegriff, der das eigene Leben bestimmen kann. Das ist (soweit ich verstehe) der Kern des jüdischen Festes. Das ist auch eine Einladung an uns, an mich: Weiter und mehr Torah-Freunde zu werden. Und Danke zu sagen für die Torah-Freu(n)de.
[Bild und Video: (c) G. Nassauer]